Spengler auf Deutsch 42: Zurückgehende Aufträge für Kapitalgüter zeigen, dass amerikanische Gewinne fragil sind

Das Original erschien am 4. April 2016 unter dem Titel “Falling capgoods orders show that US profits are fragile” in Asia Times.

Bestellungen für langlebige Gebrauchsgüter fielen im März um 3 % und für Kapitalgüter (ohne Verteidigung und Flugzeuge) um 2,5 %, was bedeutet, dass die Investitionsrate auch im ersten Quartal negativ bleibt. Investitionen in Gewerbeimmobilien fielen mit einer Jahresrate von 2,1 % während des vierten Quartals 2015.

Inflationsbereinigt notieren die monatlichen Bestellungen für Kapitalgüter (außer für Verteidigung) 13 % niedriger als 2007 und 20 % niedriger als 2000.

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Der Rückgang der Kapitalinvestitionen korreliert mit einer Abnahme des Produktivitätswachstums. Der Ausstoß pro Arbeitsstunde im nichtfamiliären Geschäftsbereich ist in den Vereinigten Staaten nahezu flach, das erste Mal seit der Stagflation der 1970er. Die Graphik unten zeigt das jährliche Produktivitätswachstum für einen Fünfjahreszeitraum.

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Die Vereinigten Staaten gewinnen niedrig entlohnte, arbeitsintensive Arbeitsplätze im Gesundheits- und Fast Food-Bereich und verlieren Arbeitsplätze in Industrie und Bergbau. Durch fallende Ölpreise abnehmende Investitionen im Fracking-Bereich sind nur ein Teil des Problems; es wird vor allem in den zurückgehenden Aufträgen für Konstruktion und Anlagen für Ölfelder sichtbar.

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Der Einbruch bei Kapitalgütern und der Kollaps des Produktivitätswachstums reflektiert Veränderungen in der Zusammensetzung der amerikanischen Erwerbstätigen. Amerika beschäftigt jetzt fast so viele Menschen in Bereichen Freizeit und Gaststätten wie in der Industrie. 2000 waren es nur halb so viel gewesen. Im Jahr 2000 hatte Amerika noch mehr Arbeitskräfte in der Industrie als in den Bereichen Gesundheit und Erziehung. Jetzt sind es nur noch halb so viele.

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Abnehmende Beschäftigung in kapitalintensiven Industrien ist eine Erklärung für den Rückgang um (inflationsbereinigte) 20 % für Kapitalgüter in den letzten 15 Jahren. Ein anderer ist der global abnehmende amerikanische Marktanteil. Und eine andere mögliche Erklärung ist, dass amerikanische Unternehmen ihren existierenden Kapitalstock nicht ersetzen.

Daten des Handelsministeriums zeigen eine sich ausweitende Lücke zwischen abschreibungsbereinigten und nicht abschreibungsbereinigten Unternehmensprofiten. Das mag eine Eigenart der regierungsamtlichen Abschreibungsberechnung sein, aber es könnte auch ein Verschweigen des Wertverlustes durch die amerikanischen Unternehmen sein.

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Die Unternehmensgewinne sind gefallen, größtenteils wegen der schlechten Ergebnisse des Energiesektors. Aber der Rückgang der Gewinne könnte weit schlimmer sein, als die S&P 500-Unternehmen zugeben wollen. Nach den Berechnungen des Handelsministeriums sind die Unternehmensgewinne abschreibungsbereinigt heute niedriger als 2011 und um 15 % niedriger als nicht abschreibungsbereinigt.

Wenn die amerikanischen Unternehmen ihre Abschreibungsverluste zu gering angegeben haben, um ihre Bilanzen zu schönen, dürften Unternehmensgewinne anfälliger für Rückgänge sein, als die Aktienmärkte zu glauben scheinen. Factset bemerkt, das „zahlreiche Unternehmen eine negative Aktienrendite für dieses Quartal angekündigt haben. Es handelt sich um den zweithöchsten Stand seit FactSet 2006 mit der Datensammlung begonnen hat“. Der Anstieg von Unternehmen mit negativer Gewinnerwartung konzentriert sich in Informationstechnologie (25), Konsumgüterindustrie (18) und Gesundheit (17), wie Factset berichtet.

Autor: Stefan O. W. Weiss

Leon de Winter zählte die Kolumnen von David P. Goldman, besser bekannt unter seinem nom de plume „Spengler“, „zu den allerinteressantesten, die es weltweit zu lesen gibt“. Seine Texte, die er meist in „Asia Times“ und „PJMedia“ veröffentlicht, haben eine Leserschaft gefunden, die in die Hunderttausende geht. Er behandelt so verschiedene Themen wie Philosophie, Literatur, Wirtschaftswissenschaften, Theologie, Strategie, Weltpolitik, Musik und andere mehr mit gleicher Souveränität und Kompetenz. In Deutschland ist er ein Geheimtipp geblieben, bedauerlicherweise, da er ein vorzüglicher Kenner der deutschen Geistesgeschichte ist. Seine Essays über Wagner, Goethe, Schiller seien doch wenigstens en passant erwähnt. Um dem deutschen Leser die Lektüre zu erleichtern, beabsichtige ich, in diesem Blog seine Texte fortlaufend in Deutsche zu übersetzen. Ich habe dieses Projekt seit einigen Monaten verfolgt, der erste hier auf Deutsch veröffentliche Text stammt vom Oktober 2015. In den kommenden Wochen gedenke ich, seine nachfolgenden Texte in chronologischer Reihenfolge zu veröffentlichen, bis der Anschluss zu Gegenwart erreicht ist.

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