Stefan Otto Walter Weiß 25.05.1960 – 27.12.2016

Liebe Leserin und lieber Leser,

bei meinem Bruder Stefan wurde Ende April 2016 ein Krebstumor im Magen entdeckt, der nicht operativ entfernt werden konnte. Er hat dies auch in seinem  Blog (https://galliapontificiaarelatensis.wordpress.com/) gelegentlich thematisiert, allerdings sehr zurückhaltend und mit dem für ihn typischen optimistischen Humor.

Stefan war ein sehr liebenswerter Mensch, ein exzellenter Historiker, und ein begeisterter Blogger.

Wir sind alle sehr traurig.

Michael Weiss

Spengler auf Deutsch 81: Das ist nicht das Ende der Welt, das ist nur das Ende von Matteo Renzi

Das Original erschien am 5. Dezember 2016 unter dem Titel “It’s not the end of the world, just the end of Matteo Renzi” in Asia Times.

Kurz vor Mitternacht projizierte Italiens Kanal 5 ein sechzigprozentiges “Nein”-Votum in dem Verfassungsreferendum des Landes, eine vernichtende Niederlage für den sozialistischen Premierminister Matteo Renzi. Der Euro fiel um 1,5 % auf diese Nachricht hin, hat sich aber etwas erholt; der Yen gewann anfangs, aber ist schnell auf den Freitagsstand und noch darunter zurückgefallen. Die asiatischen Börsenwerte notierten Montagmorgen niedriger, aber es gab keine katastrophale Reaktion auf Italien, tatsächlich nicht einmal Anzeichen, dass die Indexrückgänge etwas mit Italien zu tun haben.

Renzi hatte versprochen zurückzutreten, wenn er besiegt werden würde, und das überwältigende Votum gegen ihn lässt ihm kaum eine Wahl. Eine Stunde nachdem das Ausmaß der Niederlage bekannt wurde, verkündigte Renzi, er werde am Montagmorgen zurücktreten. Es hat einige Spekulationen gegeben, dass Renzi als verwaltender Premierminister bleiben werde, aber es scheint jetzt klar, dass entweder eine „technokratische“ Regierung installiert werden wird; oder eine Mitte-Rechts-Koalition der Parteien wird eine Übergangsregierung mit bevorstehenden Neuwahlen bilden.

Das Referendum trifft zusammen mit den Anstrengungen der italienischen Regierung, eine Bankenkrise in Italien zu vermeiden, wo rund ein Fünftel aller Kredite mehr oder weniger faul sind. Italienische Bankaktien haben in diesem Jahr fast zwei Drittel ihres Wertes verloren. Das ist besorgniserregend, da die italienischen Banken mehr als ein Fünftel der italienischen Staatsschulden von mehr als (umgerechnet) 2 Billionen Dollar besitzen. Die Banken haben die Regierung gerettet, während die Regierung nun die Banken retten soll.

Das hat einige Beobachter veranlasst, vor einer Finanzkrise zu warnen, falls Renzis Reformen abgelehnt würden. Es gibt zwei potentielle Auslöser für eine Krise. Erstens könnte der Markt es ablehnen, die italienischen Banken weiter zu finanzieren und so die Europäische Zentralbank zwingen, sie mit Interimskrediten zu unterstützen, ohne das Vertrauen in sie wiederherzustellen. Zweitens könnten die Zinsen für italienische Staatsschulden stark ansteigen und so das italienische Defizit aufblähen. Das italienische Defizit beträgt derzeit -2,6 % des Bruttoinlandsprodukts. Mit Staatsschulden in Höhe von 130 % des Bruttoinlandsprodukts würde ein zweiprozentiger Anstieg der Zinsen italienischer Staatspapiere das Defizit verdoppeln und in einem Teufelskreis Druck für noch höhere Zinsen ausüben.

Wahrscheinlich wird keines dieser Szenarien eintreffen – zumindest nicht kurzfristig – eben weil der Markt und die europäischen Institutionen Monate hatten, sie zu antizipieren. Das Resultat des Referendums stimmt mit den Meinungsumfragen überein und war weitgehend erwartet worden. Die Zinsdifferenz zwischen den ultrasicheren deutschen Zehnjahresanleihen und italienischen Schuldenpapieren mit gleicher Laufzeit hat sich in der Woche vor dem Referendum um 1,8 % vergrößert, sich in den Tagen vor dem Votum aber wieder etwas verringert.

Die europäischen Regeln verbieten es Regierungen, ihre Banken zu retten, solange nicht auch die Aktieninhaber Geld verlieren, sich also an der Rettung beteiligen. Die italienischen Banken halten rund 40 Milliarden Euros an nachrangigen Schulden und mehr als die Hälfte davon gehört kleinen Investoren, größtenteils Rentnern. Die politischen Auswirkungen die Ersparnisse von einigen hunderttausend Italienern auszuradieren, wären verheerend und keine italienische Regierung würde so eine Vorgehensweise überleben.

Quellen aus der deutschen Regierung besagen, dass Berlin flexibel sein wird, einer neuen technokratischen oder Mitte-Rechts-Regierung in Italien zu helfen, die Bankenkrise zu lösen. Kurzfristig bedeutet das, der italienischen Regierung zu erlauben, Kapital in ihre insolventen Banken zu pumpen, ohne die kleinen Sparer Bankrott zu machen, auch wenn dies die Regeln verletzt. Viel hängt von der Sitzung der Europäischen Zentralbank am 8. Dezember ab, die derzeit unter ihrem „Quantitative Easing“-Programm jeden Monat für 80 Milliarden Euros Wertpapiere kauft. Vor dem italienischen Votum erwartete der Marktkonsens, die Europäische Zentralbank werde eine sechsmonatige Verlängerung ihres Programms in gleicher Höhe beschließen. Nach dem italienischen Votum wird Deutschland diese Maßnahme fast mit Sicherheit unterstützen und offenlassen, ob das Programm ein weiteres Mal verlängert wird.

Obwohl Renzi sich selbst mit dem Mantel der Reform drapierte, waren seine europäischen Partner besorgt, dass die spezifischen Verfassungsänderungen, die er propagierte, ihm quasi diktatoriale Vollmachen geben würden. Das „Economist Magazine“ fasst dies in seinem Leitartikel vom 26 November folgendermaßen zusammen:

“Herr Renzis Verfassungsreform löst nicht das wichtigste Problem, nämlich Italiens Unwillen zu Reformen. Und alle sekundären Vorteile werden durch Nachteile aufgewogen – insbesondere durch das Risiko, dass der Versuch, die Instabilität, die Italien 65 Regierungen seit 1945 beschert hat, zu beenden, einen gewählten Diktator kreiert. Das in dem Land, das Benito Mussolini und Silvio Berlusconi hervorgebracht hat und das in besorgniserregender Weise anfällig für Populismus ist.“

Trotz offizieller Statements in den Tagen vor dem Votum, man werde Renzi unterstützten, bevorzugt Deutschlands Koalitionsregierung unter Angela Merkel eine Mitte-Rechts-Koalition in Italien und ist nach Renzis Abgang eher gewillt, Flexibilität zu beweisen. Die weithin antizipierte italienische Finanzkrise scheint aufgeschoben zu sein und – zumindest für die nächsten Monate – wird Italien Kredit bei seinen europäischen Partnern haben, während es seine Banken reorganisiert.

Spengler auf Deutsch 80: Peking glaubt nicht, dass Trumps „Taiwan-Karte“ sticht

Das Original erschien unter dem Titel “The ‚Taiwan Card‘ Is a Busted Flush, Beijing Believes” am 4. Dezember 2016 in PJMedia.

Das kurze Telefonat des erwählen Präsidenten Trump mit Taiwans Präsident Tsai Ing-wen hat in den amerikanischen Mainstream-Medien eine stärkere Reaktion als in Peking hervorgerufen. Das offizielle China Daily betitelte seinen Leitartikel gestern: Kein Grund das Tsai-Trump Telefonat überzuinterpretieren.

“Über Trump enthüllt es nichts außer seiner und seines Übergangsteams Unerfahrenheit in der Behandlung auswärtiger Angelegenheiten. Wenn er diese ungewöhnliche Aktion infolge von mangelndem Verständnis für die chinesisch-amerikanischen und chinesisch-taiwanesischen Beziehungen gestartet hat, wird er nach seiner Inauguration die Bedeutung einer vorsichtigen und angemessenen Behandlung solch sensibler Themen einsehen müssen“.

Versucht Peking einfach gute Miene zum bösen Spiel zu machen? Wahrscheinlich nicht, wie einige scharfsinnige Chinaanalysten meinen. Das militärische Gleichgewicht in dieser Region hat sich seit 1996 zu Chinas Gunsten verschoben, als Bill Clinton zwei Flugzeugträger in die Straße von Taiwan sandte, um auf chinesische Raketentests zu antworten. Peking glaubt, dass die Taiwan-Karte nicht sticht.

Erstens hat China wahrscheinlich zwei Möglichkeiten, einen amerikanischen Träger zu versenken: durch leise diesel-elektrische Uboote und mit landgestützten Langstreckenraketen. Chinas Fähigkeit, ein sich bewegendes Ziel im offenen Ozean zu treffen, ist umstritten, aber wenn China das jetzt noch nicht kann, wird es diese Kapazität bald entwickeln.

Zweitens wird China Russlands S-400 Flugabwehrsystem kaufen, das mit seiner Reichweite von 400 Kilometern den Himmel über Taiwan reinfegen kann. Das russische System kann gleichzeitig 100 Ziele verfolgen. Das System wird wahrscheinlich nicht vor 2018 installiert sein, aber China ist geduldig. Innerhalb weniger Jahre wird China die Fähigkeit haben, das Meer und den Luftraum um Taiwan zu kontrollieren.

Sicher, Amerika hat eine Reihe von möglichen Gegenmaßnahmen. Laser und Schienenkanonen mögen fähig sein, die Anti-Schiff-Raketen abzuschießen und mit trägergestützte Drohnen könnten amerikanischer Träger die 800-Meilen-Reichweite der chinesischen DF-21D Rakete übertreffen. Aber die Finanzierung dieser und anderer Forschungsvorhaben ist unzureichend, um Chinas wachsenden Vorteil in der näheren Zukunft zu neutralisieren.

So wird Chinas Position von Amerikas einstigen Verbündeten in dieser Region verstanden. Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte sagte am 20. Oktober in Peking: „Amerika hat militärisch wie wirtschaftlich, wenn auch vielleicht nicht sozial, verloren.“ Zu den chinesischen Politikern in der Großen Halle des Volkes sagte Duterte: „An diesem Ort, meine Damen und Herren, verkünde ich meine Trennung von den Vereinigten Staaten“.

Amerika kann seinen strategischen Vorteil wiederherstellen, aber das wird eine entschlossene und übergreifende nationale Anstrengung erfordern.

Spengler auf Deutsch 79: Es wird Zeit, dass die Vereinigten Staaten der Türkei zuhören

Das Original erschien am 2. Dezember 2016 unter dem Titel “It’s time the US started listening to Turkey” in Asia Times.

Wie die Financial Times am Donnerstag berichtete, verhandelt Russland mit türkischer Hilfe direkt mit syrischen Rebellen. Die Financial Times schreibt, dass ein Vertreter der Opposition auf die Frage, warum er denke, dass Russland ein Abkommen mit den Rebellen anstrebe, gerade als Assad zu gewinnen scheine, sagte, Moskau habe “im Kern gesagt: ‘Leckt mich am Arsch, Amerikaner.‘“

Die Türkei sagt Washington tatsächlich dasselbe. Die in London beheimatete Zeitung erklärt:

Vier Mitglieder der Opposition aus dem von Rebellen gehaltenen Nordsyrien erklärten der Financial Times, dass die Türkei Gespräche in Ankara mit Moskau vermittelt hat, dessen militärische Intervention auf der Seite von Präsident Bashar al-Assad geholfen hat, eine Wende in dem seit fünf Jahren andauernden Bürgerkrieg zu Gunsten des Regimes einzuleiten. Russland unterstützt nun die Anstrengungen des Regimes, den letzten Stützpunkt der Rebellen in Syriens zweitgrößter Stadt Aleppo zurückzuerobern.

“Die Russen und Türken verhandeln jetzt ohne die USA. (Washington) ist aus diesen Gesprächen völlig ausgeschlossen und weiß nicht einmal was in Ankara vorgeht“, sagte ein Mitglied der Opposition, das nicht identifiziert werden wollte.

Das rückt den Lärm über General Michael Flynns Empfehlung in seinen Kontext, dass die Vereinigten Staaten dem türkischen Standpunkt mehr Beachtung schenken sollten, insbesondere in Bezug auf eine einheimische islamistische Bewegung mit terroristischen Tendenzen. Flynn, der designierte nationale Sicherheitsberater der Trump-Regierung, war früher Leiter der „Defense Intelligence Agency“ und der erste höhere Geheimdienstoffizier, der vor dem Aufkommen des ISIS warnte, in einer Zeit, in der Präsident Obama die islamistische Bewegung als „jugendliche Fußballmannschaft“ abtat.

Insbesondere zitierte der General das Erstaunen der türkischen Regierung über Amerikas Weigerung, den exilierten islamistischen Führer Fetullah Gülen auszuliefern, der einer türkischen Anklage wegen Subversion entflohen war und seit 1999 in Pennsylvania lebt. Am 15. Juli dieses Jahres versuchte eine Gruppe von türkischen Offizieren, die Gülen anscheinend loyal waren, die Regierung von Präsident Tayyip Recep Erdogan zu stürzen. Schon 2008 hatte Michael Rubin, heute ein Nahost-Experte am „American Enterprise Institute“, davor gewarnt, dass Gülen seine Millionen von Anhängern und Milliarden von Dollar an Vermögenswerten nützen werde, um einen islamistischen Staatsstreich zu lancieren. Das ist, was Gülen offensichtlich im letzten Juli getan hat, und Flynn argumentierte, das die Vereinigten Staaten den türkischen Regierungschef gegen die Verschwörer unterstützen sollten.

Dieser scheinbar unkontroverse Vorschlag löste einen Sturm im Wasserglas aus. Erstaunlicherweise zeigte sich Michael Rubin als einer der eifrigsten Unterstützer des fundamentalistischen Führers gegen die Erdogan-Regierung, zusammen mit Noah Rothman vom „Commentary Magazine“. Beide attackierten Flynn, für seine Unterstützung der Erdogan-Regierung gegen den gülenistischen Putsch. Rothman fügte hinzu, Flynn sei eine „zweifelhafte Wahl“ für einen nationalen Sicherheitsberater, weil ein türkisches Unternehmen Kunde seiner Beratungsgesellschaft war und andeutete, dass Flynns Sicht der Türken einen Interessenkonflikt heraufbeschwöre.

Das “Commentary Magazine”, früher eine konservative Stimme in der öffentlichen Diskussion, unterstützte Clintons Kandidatur gegen Donald Trump, und die Behauptung, dass Flynns Ansichten von einem einzigen Kunden beeinflusst wären, kann als normale politische Verleumdung vernachlässigt werden.

Aber es gibt eine dunkle Seite in dieser Geschichte. Gülen hat prominente amerikanische Unterstützer in der Politik wie auch in den Geheimdiensten. Einige von ihnen scheinen mit den üblichen Mitteln gewonnen worden zu sein. Gülens Anhänger haben enge Beziehungen zur Clinton-Stiftung hergestellt. Gülens Agent Recep Özkan, der frühere Leiter des türkischen Kulturzentrums in New York City, ist für 2015 aktenkundig als ein Spender der Clinton-Stiftung von 500.000 bis eine Million Dollar. Özkan war finanzieller Ko-Vorsitzender von “Ready For Hillary” (bereit für Hillary), die später “ReadyPac“ wurde, ein mit Clinton verbündetes politischen Aktionskomitee. Wie Flynn in einem am 8. November erschienenen Artikel beobachtet hat, nannte Bill Clinton in einem Video, das in der Gülen-Organisation zirkulierte, den türkischen fundamentalistischen Führer „meinen Freund“.

Interessanter ist die Gülen-Lobby in den amerikanischen Geheimdiensten. Unter früheren Geheimdienstoffizieren ist der ehemalige CIA-Sektionsleiter in Afghanistan Graham Fuller Gülens enthusiastischster Verteidiger. Fuller behauptet, dass der türkische Führer genau die Art von moderatem Islamist ist, welche die Vereinigten Staaten kultivieren sollten. Fuller war der CIA-Chef für den Nahen Osten und Südasien von 1982 bis 1986, als der CIA afghanische Islamisten gegen die sowjetischen Okkupanten von Afghanistan bewaffnete. 1986 wurde er stellvertretender Vorsitzender des CIA im „National Intelligence Council“.

Radikale Muslime zu nutzen, um Russland zu destabilisieren ist die fixe Idee von Fullers Karriere. Als die afghanischen Dschihadisten in den 1980ern russische Helikopter mit verdeckter Hilfe des CIA abschossen, war die Taktik gegen die Sowjetunion erfolgreich, obwohl sie den unwillkommenen Nebeneffekt hatte, islamische Terroristen wie Osama bin Laden zu trainieren, die später die Vereinigten Staaten angriffen. Ich bekenne: als ein Kalter Krieger der 1980iger denke ich, dass Fuller und seine Kollegen in dieser Zeit das Richtige taten.

Aber Fuller bleibt bei seiner Mission, Russland zu unterminieren. Es ist tatsächlich eine Familienaffäre geworden: Nach den Attentaten von Boston enthüllte der Investigativreporter Daniel Hopsicker, dass Fullers Tochter, Samantha Ankara Fuller, sich in den 1990ern mit Ruslan Tsarni (geborener Tsarnaev) verheiratet hatte, dem Onkel der Brüder, welche die Attacke ausführten, Dzhokhar and Tamerlan Tsarnaev.

Offensichtlich unterstützt Fuller Fetullah Gülen, weil der türkische Iman eine Gefahr für Russland ist. Erdogan ist ebenfalls ein Islamist, aber von ganz anderer Art: der türkische Präsident strebt nach der Wiederherstellung des Ruhmes (und vielleicht von einem Teil des Territoriums) des ottomanischen Reichs, während Gülen eine Missionar ist, dessen Ziel es ist, alle Muslime der Welt, insbesondere Angehörige des türkischen Volkes, in einer großen übernationalen Bewegung zu vereinen. Während Erdogan den türkischen Staat vergrößern will, hofft Gülen jede Autorität außer der des Islam unter den hundert Millionen Muslimen, die ethnische Türken sind, zu unterminieren. Es ist eine Sache die sowjetische Aggression in Afghanistan zu unterminieren und eine andere zur inneren Instabilität Russlands lange nach dem Fall der Sowjetunion beizutragen. Amerika hat Grund zu dem Wunsch, die russischen Ambitionen in einer Anzahl von Gebieten einzudämmen, aber diese Art von Spiel beschwört das Risiko einer sehr gefährlichen Konfrontation herauf.

Russland hasst und fürchtet Gülen. Seine Organisation baute Schulen in ethnisch türkischen Gebieten als Teil eines Langzeitprogramms, um eine islamistische Elite-Kaste hervorzubringen. Russland begrüßte die Schulen anfangs, aber wies die Gülenisten Ende der 1990er aus. Die früheren Sowjetstaaten Usbekistan, Turkmenistan und Tadschikistan taten das Gleiche in den 2000ern. Der türkische stellvertretende Premierminister Numan Kurtulmus rühmte Russlands Vorgehen in einem Interview vom 14. November mit der russischen Website Sputnik. Kurtulmus sagte: “Russland ist in einer besseren Position, da es fähig war, die Gefahr dieser Organisation von Anfang an zu erkennen und ihre Aktivitäten auf russischem Territorium zu verhindern. Wir streben an, unsere Kooperation mit der russischen Seite im Kampf gegen die (Gülen-Organisation) künftig zu verbessern“.

Die Türkei denkt, dass die Vereinigten Staaten hinter dem versuchten Staatsstreich vom 15. Juli gestanden hat, wie die New York Times am 2. August berichtet hat. Warum sonst, fragen die Türken, würde die USA den wichtigsten Drahtzieher weiterhin schützen? Es ist nicht klar, was die Obama-Regierung getan hat. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass das Weiße Haus den Coup wirklich gefördert hat. Unter Susan Rice ist der Nationale Sicherheitsrat eine Art Selbstbedienungsladen geworden. Es ist wahrscheinlicher, dass die Gülenisten selbständig agierten und dass einige Stimmen in den amerikanischen Geheimdiensten nach der Tat ihre Sympathie für sie ausdrückten.

Man kann das besser mit Inkompetenz als mit Konspiration erklären. Aber der Vorschlag, Amerika solle Gülen den Rücken stärken, hat Ankara wie Moskau überzeugt, dass die USA ein gefährliches Spiel der Destabilisierung spielte (oder es zumindest erwog). Das Ausmaß an Schmähungen gegen Flynn nach seinen Enthüllungen über Gülen legt nahe, dass ein Teil der Regierung und der Geheimdienste nach dem 16 Juli mit heruntergelassenen Hosen dastand und dann den leichtgläubigen Rothman vom „Commentary Magazine“ nutze, um Flynn zu attackieren.

Das Endresultat des Fehlers der Obama-Regierung könnte der Austritt der Türkei aus der westlichen Allianz sein. Ankara droht nun, ein Vollmitglied der „Shanghai Cooperation Organization” zu werden, der russisch-chinesischen Dachorganisation, die ein Gegengewicht gegen die NATO werden könnte. Im letzten Monat äußerte China seine Sympathie für die türkische Orientierung nach Osten aus. Mittlerweile verhandelt die Türkei über den Ankauf von Russlands fortgeschrittenem S-400 Flugabwehr-System, ein Schlag ins Gesicht der NATO.

Das ist der Grund, warum die von der Türkei unterstützten direkten Verhandlungen zwischen Russland und den syrischen Rebellen solch eine bedenkliche Entwicklung ist. Sie zeigen wieviel Einfluss die USA in dieser Region eingebüßt haben. Flynn hat vorgeschlagen, den Schaden zu beheben und den amerikanischen Einfluss wiederherzustellen. Der Fakt, dass seine Vorschläge umstritten sind, zeigt wieviel Arbeit nötig ist, um die amerikanischen Geheimdienste und Amerikas Diplomatie wiederherzustellen.

Spengler auf Deutsch 78: Fidel Castros Massenmorde nach Zahlen

Das Original erschien am 28. November 2016 unter dem Titel “Fidel Castro’s Mass Murder by the Numbers“ in PJMedia.

Fidel Castro hat Blut in einem Ausmaß vergossen, dass in amerikanischen Begriffen unvorstellbar ist. Gemäß den akademischen Schätzungen, die in Wikipedia zitiert sind, exekutierten seine Schlächter annähernd 15000 Gefangene:

„In seiner Studie Cuba or the pursuit of freedom stellt der britische Historiker Hugh Thomas fest, dass “vielleicht” 5000 Exekutionen allein 1970 stattfanden, während The World Handbook of Political and Social Indicators berechnet hat, dass es zwischen 1958 und 1967 2113 politische Hinrichtungen gab“.

Der Professor für Politikwissenschaft an der Universität von Hawaii, Rudolph J. Rummel, schätzt die Zahl der politischen Hinrichtungen zwischen 4000 und 33000 von 1958 bis 1987, mit einem Mittelwert von 15000.

Das geschah in einem Land von sieben Millionen. Pro Kopf gerechnet ist das das Äquivalent von 680000 Hinrichtungen in den Vereinigten Staaten mit unserer Bevölkerung von 318 Millionen. Was sind 680000? Die gesamte Bevölkerung von Denver oder Seattle. Man stelle sich vor jemand würde jeden Mann, jede Frau, jedes Kind einer größeren amerikanischen Stadt verhaften und ermorden. Das ist das Ausmaß von Fidel Castros Verbrechen.

680000 ist etwas weniger als Standardschätzung für die gesamten militärischen Verluste im amerikanischen Bürgerkrieg. Stellen Sie sich vor 680000 Soldaten stehen an einer Mauer – all die Toten von Antietam, Gettysburg, Cold Harbor, Chickamauga und jeder anderen Schlacht im Bürgerkrieg – und man erschießt sie kaltblütig. Das ist das Äquivalent von Fidel Castros Massenmorden.

Stalin, Hitler, Mao und Pol Pot töteten relative mehr Menschen. Nach ihnen ist es schwer einen Tyrannen mit einer größeren Zahl von Todesopfern als Fidel zu finden. Von ihm ohne einen Fluch zu sprechen, ist eine Beleidigung des Gedenkens an seine Opfer.

Spengler auf Deutsch 77: Was ist Poesie und was bewirkt sie?

Das Original erschien am 21. November 2016 unter dem Titel “What Is Poetry, and What Does It Do?” in PJMedia.

 

Die Aufregung über den Zusammenstoß des designierten Vizepräsidenten Mike Pence mit dem Ensemble und den Zuschauern von “Hamilton”[1] provoziert mich, ein anderes Thema zu erörtern. Ich werde mir „Hamilton“ nicht ansehen. Ich mag Rap in keiner Form, auch nicht in der sterilen, kommerzialisierten Version eines populären Musicals. Poesie hebt die Kraft des Geistes auf eine intensivere und höhere Stufe als unser alltägliches Denken, und sie bewirkt das, indem sie uns zwingt, in poetischen Rhythmen auf einer höheren Ebene zu denken. Dagegen bietet Rap einen gleichbleibenden la-la-Rhythmus, der nichts tun, uns zu provozieren, in dieser Weise zu denken.

Ebenso wie in nichtverbaler Musik existiert in der Poesie Regelmäßigkeit (von Metrum, Rhythmus, Stimmführung), um Erwartungen zu kreieren. Ohne Erwartung kann es keine Überraschung geben, und es ist die Überraschung, die unsere höheren Geisteskräfte weckt und den Sinn für Wunder schärft.

Es gibt viele Aspekte der Poesie, aber der eine, der sich am besten zur Analyse eignet, war der Gegenstand des sechsten Buches von Augustinus‘ De Musica, die (meines Wissens nach) erste Abhandlung, welche die Existenz einer Hierarchie von Zahlen behauptet, einschließlich „Zahlen des Intellekts“ an der Spitze. Vor einigen Jahren argumentierte ich in First Things, dass ein roter Faden Augustinus’ Abhandlung über poetische Rhythmen und Metren mit der wissenschaftlichen Revolution des 17. Jahrhunderts und insbesondere der Entdeckung der Infinitesimalrechnung verbindet.

Augustinus behauptet, dass eine bestimmte Fähigkeit in unserem Geist es möglich macht, Rhythmen auf einer höheren Ebene als der Sinneswahrnehmung oder bloßer Erinnerung zu hören, nämlich durch „Urteil“. Ich denke, was er genau meint ist die Fähigkeit, die uns erlaubt zwei jambische Heptameter am Beginn von Coleridges Ballade zu hören:

It is an ancient Mariner,

(Da ist ein alter Seemann,)

And he stoppeth one of three.

(Und er hielt einen von dreien an.)

“By thy long grey beard and glittering eye,

(„Bei deinem langen grauen Bart und funkelnden Auge,)

Now wherefore stopp’st thou me?”

(warum hältst du mich an“?)

Von dem Text-zu-Stimme-Programm eines Computers gelesen, wird dies nicht so klingen, wie Coleridge es im Sinn hatte. Ein Leser, der mit englischer Poesie vertraut ist, erkennt intuitiv die zwei Silben „And he“ als einen Ersatz für die erwartete erste Silbe im ersten Jambus der zweiten Zeile. Der Leser wird die ersten drei Silben „And he stoppeth“ mit gleicher Betonung aussprechen, etwa wie einen dreisilbigen Spondeus oder eine Hemiole (drei an Stelle von zwei) in der Musik. Unsere „Zahlen des Gedächtnisses“ sagen uns, das Metrum einer Ballade zu erwarten, und die Extrasilben als eine Expansion der einen erwarteten. Außerdem reibt sich der Spondeus im zweiten Heptameter an der erwarteten Vorwärtsbewegung; er bildet so die Verzögerung des Hochzeitsgastes durch den Seemann ab.

Die subtilen (und manchmal nicht so subtilen) rhythmischen Veränderungen in Coleridges Gedicht zwingen uns, über den Inhalt nachzudenken. Es gibt unzählige Beispiele. Man bedenke Keats‘ Sonnet über seine erste Lektüre von Chapmans Homerübersetzung – sie ist zeitgenössisch mit Shakespeare -, die das Metrum der Ballade (für die Ilias) und den jambischen Pentameter (für die Odyssee) gebraucht. Es beginnt:

Much have I travell’d in the realms of gold,

(Ich bin viel gereist in den goldenen Königreichen,)

And many goodly states and kingdoms seen;

(Und habe viele ansehnliche Staaten und Königreiche gesehen;)

Round many western islands have I been

(Viele westliche Inseln habe ich umrundet)

Which bards in fealty to Apollo hold.

(mit Barden treu dem Apoll.)

Oft of one wide expanse had I been told

(Oft wurde mir von einem großen Land erzählt)

That deep-brow’d Homer ruled as his demesne;

(Das der tiefsehende Homer als sein Gut regierte;)

Yet did I never breathe its pure serene

(Aber ich atmete nie seine volle Schönheit)

Till I heard Chapman speak out loud and bold:

(Bis ich Chapman laut und kühn sprechen hörte:)

Dort gibt es zwei verschiedene Metren: eine quasi-daktylische Imitation des homerischen Metrums in der ersten Zeile, die abwechselt mit einem jambischen Pentameter in der zweiten. Selbst wenn dem Leser nicht bewusst ist, dass das Metrum der ungeraden Zeilen Homers eigenes griechisches Metrum hervorruft, so evoziert doch der Kontrast zwischen den beiden den Unterschied zwischen Antike und Moderne, die Welt der heroischen Legende versus moderne Imagination. Keats‘ Leistung hier ist atemberaubend.

Oder bedenken Sie Shakespeares Sonnet 116 („Let me not to the marriage of true minds admit impediments“), das behauptet: „Love is not love which alters when it alternation finds,“ (Lieb’ ist ja nicht Liebe, wenn sie beim Wankelmuth sich kann vermindern[2]) und das intoniert: „Love’s not Time’s fool“ (Liebe ist kein Narr der Zeit). Mit diesen beiden Spondäen kommt der Rhythmus zu einem toten Ende, und die Zeit hört auf zu herrschen: Wir erleben den metrischen Triumph der Liebe.

Natürlich, selbst ein Singsang kann einen mächtigen poetischen Inhalt übermitteln, wenn er ironisch gebraucht wird. Ein schönes Beispiel ist eines von Heinrich Heines letzten Gedichten, das erklärt, dass sein Geist fortfahren wird, sein Publikum zu verfolgen, selbst wenn sein Körper im Grabe ruht. Sein Geist, erklärt er dem Leser, verweile in seinem Herzen wie ein Hauskobold: „Stets weht dich an sein wilder Hauch/Und wo du bist, da ist er auch.“ (auch im Original deutsch). Die Leichtfertigkeit von Metrum und Rhythmus betont den unheimlichen Inhalt.

Es gibt zahllose Beispiele und der Leser wird zweifellos viele andere nennen können. Sicher, in den Schulen wird viel schlechte Poesie gelehrt: Edgar Allan Poe oder Matthew Arnold. Die meisten der heutigen Oberschüler würden Schwierigkeiten mit einem Sonnet von Shakespeare oder Keats haben. Aber das Ziel der Poesie ist nicht ohne Anstrengung zu erreichen. Der große Mathematiker Felix Klein sagte, sein größter Erfolg als Oberschüler war es, einige Verse von Schillers Ballade „Die Kraniche des Ibykus“ in antikes Griechisch zu übersetzen.

Wie solche Kunstgriffe bei uns höhere Geisteskräfte hervorrufen, ist ein Mysterium, aber nicht gänzlich.

Hören Sie das Plappern der Kleinkinder: da ist ein Rhythmus in ihrem Plappern, schon bevor sie Worte sprechen. Lange bevor sie verstehen, was sie sagen, lernen Babys den Rhythmus der Erwachsenensprache und ahmen ihn nach.

Die Sprachphilosophie widmet sich zu sehr der “Bedeutung” und zu wenig dem Zweck: Wir kümmern uns weniger um die perfekte logische Klarheit unserer Sprache als darum, wohin sie geht, wohin sie uns bringt, und ob sie das, was wir denken und fühlen, denen übermittelt, zu denen wir sprechen. Das deutsche Wort „Sinn“ (verwandt mit „sense“ = Sinn für etwas) wird im Wörterbuch mit „meaning“ übersetzt, aber übermittelt die Bedeutung von Vorhaben und Willen, nicht einfach von „Bedeutung“ in einem eher kontemplativen Sinne. Der Titel von Viktor Frankls berühmtem Buch (Der Mensch auf der Suche nach Sinn) wäre besser übersetzt mit „Man’s search for purpose.“ (Der Mensch auf der Suche nach einem Ziel).

Poesie treibt einen Gedanken zu einem Ergebnis, indem sie Rhythmus und Reim gebraucht, um uns zu zeigen, wohin eine Idee geführt wird und wann sie ihren Abschluss erreicht. Große Dichtung veranlasst uns, über das, was wir gehört haben, wieder und wieder nachzudenken, und nicht nur mit unserem Ohr, sondern auch mit dem Ohr unseres Geistes zu hören. Große Dichtung öffnet unseren Geist, Werbe-Jingles, Grußkartenverse und Rap leisten das nicht.

Zweifellos wird mich jemand der Feindseligkeit gegenüber Afro-Amerikanern beschuldigen, da ich Rap kritisiere. Rap ist jedoch nur ein sehr kleiner Teil des afro-amerikanischen Beitrags zur populären Kultur. Die einzige erwähnenswerte populäre Musik, die Amerika hervorgebracht hat, kam von schwarzen Musikern. Das schwarze „Spiritual“ ist die erste wirklich amerikanische Kunstform. Die musikalische Tradition der schwarzen Kirche hat viele der besten Künstler in diesem Feld hervorgebracht – von Aretha Franklin bis zu Kathleen Battle, ohne Zweifel die beste Koloratursängerin ihrer Generation – weit besser als (beispielsweise) Joan Sutherland.

Das ist der Grund, warum ich mir “Hamilton” nicht ansehen werde. Ich habe keine Zeit für Rap. Wenn Moses vom Berge Sinai herabstiege und den Pentateuch rappen würde, würde ich den Targum lesen[3].

[1] Mike Pence, der von Trump designierte neue Vizepräsident der USA, hatte an einer Aufführung des beliebten Musicals „Hamilton“ teilgenommen. Die Macher der Show wussten davon – und hatten extra für Pence ein Grußwort, mit einer scharfen Kritik an Pence und Trump vorbereitet, das am Ende der Vorstellung von einem der Darsteller im Namen des gesamten Ensembles verlesen wurde.

[2] Übersetzung von Dorothea Tieck.

[3] Ein Targum ist eine antike Übersetzung von hebräischen oder altgriechischen Bibel-Handschriften ins Aramäische (aus Wiki).

Spengler auf Deutsch 76: Trump bewirkt einen Abwärtstrend für die Schwellenländer

Das Original erschien am 21. November 2016 unter dem Titel “Trump effect a downside for emerging markets” in Asia Times.

Anmerkung des Übersetzers: Es handelt sich bei dem Text um das Ergebnis einer Diskussion Spenglers mit anderen Spezialisten um die wirtschaftlichen Folgen von Trumps Wahl. Wenn also von „der Gruppe“ oder „den Teilnehmern“ die Rede ist, sind die Teilnehmer an dieser Diskussion gemeint.

Die Aktienmärkte der Industrienationen zeigen nach Donald Trumps Wahlsieg höhere Wachstumserwartungen, aber die Schwellenländer geben Anlass zur Sorge.

Während die Aktienkurse und Rohstoffpreise wegen der größeren Wachstumserwartungen seit den amerikanischen Wahlen am 8. November gestiegen sind, werden die Schwellenländer kontinuierlich schwächer.

Die langfristige Inflationserwartung ist von ihrem Tief Mitte 2016 angestiegen; sie bleibt aber immer noch sehr niedrig im Vergleich zum langfristigen Durchschnitt. Der Optimismus über die Entwicklung der Weltwirtschaft ist im Gefolge der amerikanischen Wahlen etwas gestiegen, bleibt aber vorsichtig und ungleich.

Der starke Anstieg in den dollargewichteten Indizes übt Druck auf die Ökonomien mit großen Auslandsschulden aus. Italien gibt Anlass zur Besorgnis. Während der europäischen Finanzkrise von 2011-2013, übertrafen die Renditen für italienische Staatsanleihen die für deutsche um mehr als 5 %.

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Die italienischen Staatsschulden betragen rund 130 % des Bruttoinlandsprodukts, das ist das Äquivalent von zusätzlichen 6,5 % für den Schuldendienst. Seit 2014 hat sich der Abstand zwischen den Zinsen für italienische und deutsche Staatsschulden im Maßstab von 1-2 % bewegt, aber er ist jetzt schon an der weiteren Grenze dieses Spektrums. Wenn die Zinsen steigen, wird Italien ein schweres finanzielles Problem bekommen.

Italien muss zudem mit dem Liquiditätsproblem seines Bankensystems fertig werden (wo nicht bediente Kredite etwa ein Fünftel der Gesamtkredite ausmachen). Obwohl die Regeln der Europäischen Kommission das untersagen, wird Italien wahrscheinlich intervenieren, um seine Banken zu retten, da Kleinanleger etwa 237 Milliarden Euro in Bankaktien investiert haben, und eine Rettungsaktion für Kleinanleger politischen Aufruhr verursachen würde.

Die italienischen Bankaktien fielen letzte Woche drastisch, da Versuche, italienische faule Kredite (non-performing loans NPLs) in Form von Finanzprodukten zu verkaufen, auf Schwierigkeiten stießen. Das Problem ist, dass die italienischen Banken die Regierung finanziell gerettet haben (sie besitzen 22 % der gesamten Staatsschuld), und wenn die Regierung die Banken retten soll, wer wird dann die Regierung retten?

Premierminister Matteo Renzi hat seine politische Karriere von einem Sieg in dem Referendum am 4. Dezember über die Verfassungsreform abhängig gemacht, die er nun wahrscheinlich verlieren wird. Das wird zu einem politischen Vakuum führen, in dem die Bankrisiken höher eingepreist werden.

Kenner glauben nicht, dass die Ausweitung des Zinsabstands von italienischen und deutschen Anleihen auf politische Veränderungen in Italien zurückzuführen ist, sondern eher auf Entwicklungen im globalen Umfeld.

Noch bedrohlicher für Italien als das Referendum vom 4. Dezember mag die Sitzung der Europäischen Zentralbank am 8. Dezember sein, die eine sechsmonatige Pause des Quantitative Easing beschließen und so die Nachfrage nach italienischen Staatsanleihen reduzieren könnte.

Die italienische Regierung ist auch besorgt über die Möglichkeit, dass die Europäische Kommission eine fiskalische Anpassung fordern könnte, um das italienische Haushaltsdefizit zu verringern, das die Richtlinien der Kommission bei weitem übertrifft. Sie ist auch besorgt über die Migrantenkrise, die sich von den Grenzen der europäischen Länder auf die Mittelmeerroute verlagert hat.

Wenn Renzi das Referendum verliert, wird er versuchen, als Premierminister zurückzutreten, während seine Gegner versuchen werden, ihn zum Bleiben zu nötigen und die Kritik für die unerfreulichen Konsequenzen auf sich zu nehmen. Das schafft kein Vertrauen in die italienische Regierung.

Die Gruppe ist ebenfalls besorgt über die erste Runde der Präsidentschaftswahlen in Frankreich im Mai 2017. Die Front National wird wahrscheinlich besser abschneiden als entweder das Rechte Zentrum, das keinen wirklich populären Kandidaten hat, oder die Sozialisten, berücksichtigt man das Präsident Francois Hollandes Zustimmungsrate auf 4 % gefallen ist.

Letztlich werden die Linke und das Rechte Zentrum sich vereinen, um die Kandidatin der Nationalen Front, Marine Le Pen, als Präsidentin zu verhindern, aber die doch vorhandene Möglichkeit einer populistischen Regierung in Frankreich wird das Land für einige Monate in Aufruhr versetzen.

In Anbetracht der Labilität der politischen Situation erwarten einige Teilnehmer, die europäische Zentralbank werde die Einführung neuer Kapital- und Liquiditätsregeln für europäische Banken aufschieben. Vom nächsten Jahr an werden von den europäischen Banken mehr flüssige Vermögenswerte gefordert, und 2018 werden neue Kapitalregeln der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich wirksam werden. Nur wenige europäische Banken sind auf dieses strengere Regime vorbereitet und der Weg des geringsten Widerstands wäre, einfach darauf zu verzichten.

Auch die Schwellenländer geben Grund zur Sorge. Wie einige Teilnehmer betonten, reduziert die Verdoppelung der Schulden der Schwellenländer in ausländischer Valuta und der Anstieg der Renditen für Staatsanleihen in den Industrienationen die Attraktivität von Staatsanleihen der Schwellenländer und macht den Schuldendienst in Zukunft schwieriger. In Anbetracht der Stagnation bzw. des Rückgangs des Welthandels ist das besonders besorgniserregend.

Die Rede des chinesischen Präsidenten Xi Jinping auf dem APEC Gipfel in Lima war in dieser Hinsicht bemerkenswert, insofern er sich für eine neue transpazifische Freihandelszone aussprach. In der Vergangenheit hat die Welt Chinas Protektionismus kritisiert, heute kommen die Einschränkungen des freien Austauschs von Gütern und Ideen von anderswo, insbesondere vom einstigen Vorkämpfer des Freihandels, den USA.

Xi fügte hinzu, China verpflichte sich, in den nächsten fünf Jahren amerikanische Importe in Höhe von 8 Billionen Dollar aufzunehmen und werde 750 Milliarden Dollar für überseeische Direktinvestitionen bereitstellen (Letztere Zahl ist konservativ, da Chinas ausländische Direktinvestitionen 2016 mehr als 170 Milliarden Dollar übersteigen dürften). Wir erwarten, dass die lateinamerikanischen Länder bestrebt sein werden, ihre wirtschaftlichen Beziehungen mit China neu auszurichten, eine Tendenz, die sich seit langem vorbereitet.

Drei Situationen sind besonders besorgniserregend:

Unter den Schwellenländern hat Mexiko gerade die drastischste Abwertung durchgemacht, und die Ratingagenturen werden Mexikos Schuldenbewertung wahrscheinlich herabstufen. Es besteht das Risiko eines Teufelskreises aus Währungsabwertung, steigenden Zinssätzen und höheren Kosten für den Schuldendienst. Der Niedergang des mexikanischen Pesos ist besonders alarmierend. Mexiko musste seine Zinssätze erhöhen (über Nacht auf eine Quote von 5,25 % letzte Woche) um den Niedergang des Pesos zu verlangsamen. Ausländische Direktinvestitionen in Mexiko und Geldüberweisungen der Arbeiter sind gefährdet.

Die indische Banknotenreform hat nicht nichtintendierte Konsequenzen gehabt. Die indische Regierung hat offensichtlich die Größe der Schattenwirtschaft unterschätzt. Statt der von der Regierung geschätzten 25 % trägt die Parallelwirtschaft wahrscheinlich eher mit 35 % zu Indiens wirtschaftlicher Aktivität bei. Die Entwertung der 500- und 1000 Rupienscheine hat bereits einen Crash im Markt für Wohnungseigentum verursacht; es werden jetzt Luxusimmobilien zu einem Preis angeboten, der 40 % unter dem Stand vor der Reform liegt.

Der Steuergewinn für die Regierung wird wahrscheinlich zwischen 70 bis 75 Milliarden Dollar betragen. Aber dieser Steuerschock für die Wirtschaft wird kurzfristig das Wachstum unterdrücken und wird unvorhersehbare Konsequenzen haben, da so viele wirtschaftlich Agierende praktisch enteignet wurden.

Südkoreas politische Krise ist eine weitere Sorge. Millionen von Demonstranten sind in Seoul auf die Straße gegangen, seit der Korruptionsskandal um Präsident Park „Geun-hye“ aufbrach. Koreanische Staatsanwälte behaupten nun, dass Park von der Korruption gewusst habe. Wenn die koreanischen Jaebeols[1] in den Skandal hineingezogen werden, besteht die Möglichkeit einer ernsthaften wirtschaftlichen Störung. Weniger als 10 Jaebeols kontrollieren etwa drei Viertel der Produktion des Landes.

Weiterhin leiden die Schwellenländer an höheren Kosten für den Schuldendienst al sein Resultat der steigenden Dollar- und Zinsraten.

Die Tafel unten zeigt die Abwertung der Währungen der Schwellenländer seit dem 8. November und seit Mitte 2014:

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[1] Jaebeol (deutsch: reiche Sippe) ist der koreanische Begriff für ein großes Familienunternehmen, das meist aus verschiedenen Sparten besteht, also ein Mischkonzern ist. (aus Wiki).

Spengler auf Deutsch 75: Warum lügt man über Steve Bannon?

Das Original erschien am 15. November 2016 unter dem Titel “Why the Big Lie About Steve Bannon?“ in PJMedia.

 

All die existentielle Wut der besiegten und gedemütigten Eliten fokussiert sich nun auf Steve Bannon – den Architekten von Trumps Sieg, den Medien-Genius, der die Schlacht mit weniger als einem Fünftel der finanziellen Ressourcen, die Hillary Clinton zur Verfügung standen, gewonnen hat.

Ich kenne Steve Bannon und habe mit ihm einige lange Diskussionen über Politik geführt. Steve ist entschieden proisraelisch, und es ist einfach lächerlich, zu behaupten, er wäre antisemitisch.

Auch andere bekennende Juden, die Bannon kennen – zum Beispiel Joel Pollak – bezeugen seine Unterstützung Israels und seine Freundschaft mit dem jüdischen Volk.

Von dem gegen Brannon gerichteten Schmutzwasser-Sturm lernen wir, dass das Establishment mit schmutzigen Tricks spielt, und die ehemals republikanischen #Never-Trumpers nicht nur fehlgeleitete Ideologen, sondern auch feige, schleimende, hinterhältige Lügner sind. Die Hölle hat kein Feuer heiß genug für eine selbsternannte verachtete Elite.

Sie hassen Steve Bannon, weil er sie auf dem Schlachtfeld der Sozialen Medien geschlagen hat, und zwar fair und anständig. Er ist der effektivste General des neugewählten Präsidenten. Trumps Feinde können die Resultate der Wahl nicht ungeschehen machen, aber sie können versuchen, den neuen Präsidenten von seiner volkstümlichen Basis abzuschneiden.

Die Anschuldigungen gegen Steve Bannon sind ein Gewebe von Lügen, ohne eine Spur von Wert.

Jeder kann – so wie ich es getan habe – im Archiv von „Breitbart Media“ nach Texten über Israel, Juden und ähnliche Themen suchen und feststellen, dass Steve Bannons sehr erfolgreiches Internetportal zu 100 % proisraelisch ist.

Und nicht nur das: Breitbart berichtet immer wieder über die Gefahr des Antisemitismus in der ganzen Welt.

Nicht ein einziger Artikel ist in den letzten zwei Jahren in Breitbart.com erschienen, der nicht auch in Israel Hayom, der führenden israelischen Tageszeitung hätte publiziert werden können.

Aber das hört man nicht von Ian Tuttle in der “National Review”, der beklagt, “im Mai wurde Bill Kristol, der Herausgeber des Weekly Standard als ‚jüdischer Renegat‘ bezeichnet“.

Das wurde er tatsächlich – aber von einem anderen Juden, David Horowitz. Horowitz hatte argumentiert, dass Kristol, indem er versuchte Trumps Kandidatur zu torpedieren, jüdische Interessen verraten habe – ein Punkt, den Horowitz hier betont.

Tuttle weiß das. Aber Tuttle zog es vor, Horowitz’ Überschrift in ihr Gegenteil zu verkehren.

Tuttles Kollege Jonah Goldberg schimpft jetzt auch über Bannon, aber sein Text ist zu dumm, um ihn zu zitieren.

Generöserweise gesteht Tuttle zu, dass Bannon nicht Goebbels ist.

Er ist es nicht. Aber das Trommelfeuer der Medien des Establishments (einschließlich des konservativen Establishments) gegen Bannon folgt Goebbels’ Doktrin der Großen Lüge: Wiederhole sie oft genug, und die Leute werden sie glauben, egal wie absurd sie ist.

Never-Trumper John Podhoretz schrieb gestern eine hinterhältige Attacke auf Steve Bannon auf der Commentary-Website. Man muß Podhoretz‘ Attacke mehrmals lesen, um zu verstehen, wie schäbig sie ist: Das moralische Kernproblem mit Steve Bannon bestehe darin, dass er – als Chef von Andrew Breitbarts Organisation – ein Förderer und Mitverbreiter von verrückten extremistischen Ideen – antisemitische eingeschlossen – sei. Er nutze die Website, um die Alt-Right[1] zu fördern, die Antisemitismus ebenso wie generellen Rassismus und weißen Nationalismus verbreite. Die Unterscheidung möge unbedeutend scheinen, aber sie sei es nicht; der Hass, den Breitbart kanalisiere, sei zu allgemein, dass man daraus einen speziellen antisemitischen Inhalt aussondern könne.

Beachten Sie die Konstruktion von Podhoretz‘ Argument: Breitbart ist nicht antisemitisch, aber in irgendeiner vagen und ungenannten Weise hat Breitbart Antisemitismus von der Alt-Right (was auch immer das ist) gefördert.

Der Mann ist eine Schande für die ehrwürdige jüdische Zeitschrift. Es ist Zeit für Commentary, einen neuen Herausgeber zu finden.

Folgendes sind die Fakten über Breitbarts Inhalt; sie sind unbestreitbar, erreichbar und leicht zu überprüfen. Jeder kann die Wörter „Juden“ oder „Israel“ und „site:www.breitbart.com“ in die Suchmaschine von Google eingeben, und er wird alles finden, was Breitbart über diese Themen publiziert hat.

Ich habe gerade rund 1000 Artikel durchgesehen und nicht gefunden als pro-israelischen, pro-jüdischen Inhalt, der ebenso gut in Israel Hayom hätte erscheinen können.

Da ist nicht der Hauch eines Beweises – nicht ein einziger Artikel – der Podhoretz‘ Anschuldigung unterstützt, dass Bannon und Breitbart antisemitische Ideen gefördert und unterstützt hätten.

An Stelle dieses Beweises ist der angeblich antisemitische Text von David Horowitz in den letzten 24 Stunden dutzende Male zitiert worden (auch in der Times of Israel!).

Natürlich, man erwartet, dass die Medien des Establishments mit zweihundert Dezibel lügen. Die normalerweise seriöse Financial Times begann gestern: Die gestrigen Emails explodierten von einem Artikel in der normalerweise seriösen Financal Times: „Donald Trump hat Reince Priebus, den Leiter des „Republican National Committee“, als seinen Stabschef, und Steve Bannon – den Leiter seiner Wahlkampagne, der auch Breitbart News leitet, eine Website, die mit der Alt-Right und weißen Suprematisten assoziiert wird – als seinen Chefstrategen und Berater ausgewählt“.

Zu behaupten, dass Breitbart mit weißen Suprematisten assoziiert ist, ist eine verachtenswerte Lüge, aber die Financal Times fühlt sich genötigt, solche Dinge zu sagen, weil die Politik rituelle Exkommunikationen Trumps benötigt.

Und die liberale jüdische Website „The Forward“ schreibt: „Wird Steve Bennon Antisemitismus in Trumps inneren Zirkel tragen?

„Die Reaktion von jüdischen und von Anti-Hass-Gruppen war schnell und aufgebracht. Die „Anti-Defamation League“, die sich aus der Parteipolitik heraushält und die gelobt hat, mit Trump nach seiner Wahl zusammenzuarbeiten, denunzierte Bannon als ‚Feind amerikanischer Werte‘“.

Es ist beschämend, das jüdische Organisationen bei einem solch wichtigen Thema den Teufel an die Wand malen, dass sie unerträgliche Anschuldigungen von Antisemitismus vorbringen, lediglich um ihre politische Agende zu verfolgen.

„Eine Welt kollabiert vor unseren Augen,“ twitterte der französische Botschafter in den Vereinigten Staaten, als die Resultate früh am Morgen des 9. November einliefen. Ja, die “liberale Weltordnung” der elitären Sozialreformen ist an ihr Ende gelangt. Der Weekly Standard und Commentary haben nichts mehr zu publizieren, ebensowenig wie die New York Times oder The New Republic.

Die Welt hat sich einfach von ihnen wegbewegt. Und ihre Demütigung wird symbolisiert von dem einen Mann, der mit unbedeutenden Ressourcen gegen ihre riesige Medienmaschine antrat und gewann. Sie werden alles versuchen, ihn zu vernichten.

 

[1] Abkürzung für „Alternative Right“, eine neue konservative Bewegung, welche dem traditionellen Konservatismus in den USA kritisch gegenübersteht.

Spengler auf Deutsch 74: Trump ist das Beste, was Israel seit Jahren passiert ist

Das Original erschien am 14. November 2016 unter dem Titel “Trump is the Best Thing That Has Happened to Israel in Years” in PJMedia.

 

Die Hysterie im Establishment ist erstaunlich: Die heutigen Emails explodieren von einem Artikel in der normalerweise seriösen Financal Times: „Donald Trump hat Reince Priebus, den Leiter des „Republican National Committee“, als seinen Stabschef, und Steve Bannon – den Leiter seiner Wahlkampagne, der auch Breitbart News leitet, eine Website, die mit der Alt-Right[1] und weißen Suprematisten assoziiert wird – als seinen Chefstrategen und Berater ausgewählt“. Zu behaupten, dass Breitbart mit weißen Suprematisten assoziiert ist, ist eine verachtenswerte Lüge, aber die Financal Times fühlt sich genötigt, solche Dinge zu sagen, weil die Politik rituelle Exkommunikationen Trumps benötigt. Und die liberale jüdische Website „The Forward“ schreibt: „Die Reaktion von jüdischen und von Anti-Hass-Gruppen war schnell und aufgebracht. Die „Anti-Defamation League“, die sich aus der Parteipolitik heraushält und die gelobt hat, mit Trump nach seiner Wahl zusammenzuarbeiten, denunzierte Bannon als ‚Feind amerikanischer Werte‘“. Die Schlagzeile des Forward fragt: „Wird Steve Bennon Antisemitismus in Trumps inneren Zirkel tragen?“

Das ist abermals eine üble Verleumdung. Ich kenne Steve Bannon und hatte mehrere lange Diskussionen mit ihm über Politik. Ich begegnete ihm erstmals, als er sich mir bei einem Vertrag näherte, um mir zu sagen, dass er meine Texte, die eindeutig zionistisch sind, sehr schätzt. Steve ist sehr proisraelisch eingestellt, und es ist einfach lächerlich, zu unterstellen, er wäre Antisemit.

Das Establishment ist niedergeschlagen und verwirrt. Es versteht nicht, was es falsch gemacht hat, es versteht nicht, warum es nicht mehr die Macht hat, und es kann seinen miserablen Zustand nur als Konsequenz einer teuflischen Verschwörung begreifen. Kurzum: das Establishment hat einen paranoiden Wutanfall, er vermischt seine Demütigung mit einem öffentlichen Zusammenbruch. Leider gilt dies auch für liberale Juden.

Trumps Wahl ist das Beste, was Israel seit vielen Jahren geschehen ist. Sie beseitigt das Risiko eines diplomatischen Dolchstoßes im Sicherheitsrat und sendet eine ernste Warnung an den Iran, die einzige wirklich existentielle Bedrohung des jüdischen Staates. Die Sicherheit des jüdischen Volkes in seinem Heimatland hat sich durch die Wahl vom 8. November erheblich vergrößert, und überall sollten Juden Gott danken, dass das Staatsoberhaupt des mächtigsten Landes der Welt ein Freund Israels mit jüdischen Enkelkindern ist. Statt zu Verleumdungen sollten Juden zum Erntedankfest zu Gebeten ansetzen.

 

[1] Abkürzung für „Alternative Right“ (Alternative Rechte), eine Bewegung, die dem traditionellen amerikanischen Konservatismus kritisch gegenübersteht.

Spengler auf Deutsch 73: Trump könnte die amerikanische Wirtschaft wieder auf Kurs bringen

Das Original erschien am 14. November 2016 unter dem Titel “Trump could put the US economy back on track” in PJMedia.

Der Anstieg der Aktienkurse für Industrieprodukte und Rohmaterialien und der Kollaps des Anleihenmarktes seit Donald Trumps Wahlsieg deuten auf eine ganz andere Art der Weltwirtschaft. Statt in einer Welt des Quantitative Easing mit extrem niedrigen Zinssätzen und 1 – 2 % Wachstum zu verbleiben, haben die Vereinigten Staaten das Potential auf einen normalen wirtschaftlichen Erholungskurs.

Wie stark kann die amerikanische Wirtschaft wachsen? Die amerikanische Wirtschaft ist um 10 % kleiner als sie es nach einer „normalen“ wirtschaftlichen Erholung seit 2008 gewesen wäre, und wenn sie nur die Hälfte des verlorenen Terrains wiedergewinnen kann, dann wären das zusätzliche 5 % zum Bruttoinlandsprodukt. Der globale Wettlauf um Aktien für Kapitalgüter zeigt Amerikas Bedarf zum Import von Kapitalgütern, um sich auszurüsten.

Peking erwartet keinen Handelskrieg mit den USA; Trump wird von den Chinesen als pragmatischer Geschäftsmann gesehen, vielleicht als harter Verhandlungsführer, aber als ein Mann, dessen Ziel es ist, ein Abkommen zu schließen und nicht ideologisch zu punkten.

Rendite dreißigjähriger amerikanischer Staatsanleihen verglichen mit Industriemetallen:

Der Dollar ist gestiegen und die Währungen der aufsteigenden Märkte sind drastisch gefallen. Das liegt daran, dass die aufstrebenden Märkte ihre Schulden in ausländischer Währung seit 2008 verdoppelt haben; sie nahmen den Vorteil eines schwachen Wachstumsumfelds wahr, um sich zu niedrigen Zinsen zu finanzieren. Jetzt, da in den USA bald höhere Renditen zu erzielen sein werden, gibt es keinen Grund mehr diese Art von Wertpapieren zu besitzen, die unter dem schwachen Wachstumsumfeld der letzten acht Jahre so populär waren. Die Währungen und die Schulden der aufstrebenden Märkte werden unter Druck bleiben. Bei einigen Ländern besteht das Risiko von Währungskrisen.

Italienische und in geringerem Maße französische Staatsanleihen fielen drastisch. Das reflektiert teilweise den generellen Trend, aus Wertpapieren auszusteigen, die ein bescheidenes Einkommen in dem vorigen Umfeld boten (einschließlich Anleihen der aufstrebenden Märkte, Immobilienfonds und so weiter). Aber es reflektiert auch die Befürchtung eines politischen Zusammenbruchs in Kontinentaleuropa.

Trumps Kampagnenleiter Stephen Bannon wurde am Sonntagmorgen in den Nachrichten zitiert, da er die Kandidatin der oppositionellen Front National Marine Le Pen gerühmt hatte. Da sich die Unterstützung der regierenden französischen Sozialisten im einstelligen Prozentbereich bewegt, kann ein Sieg der Front National nicht ausgeschlossen werden. Die Wahlen in Deutschland im September/Oktober 2017 sind ebenfalls Gegenstand erheblicher Unsicherheit. In Italien wird am 4. Dezember ein Verfassungsreferendum stattfinden, das die Regierung wahrscheinlich verlieren und so Italien bis zu den Wahlen 2017 eine handlungsunfähige Regierung bescheren wird.

Europa als wirtschaftliches und politisches Vorhaben wird immer fragwürdiger. Einige deutsche Unternehmensführer haben der Presse mitgeteilt, dass Trumps Sieg Deutschland in den Osten treiben wird – nach Eurasien, insbesondere Russland und China. England ist zum gleichen Schluss gekommen. Es ist bemerkenswert, dass das britische Pfund als einzige unter den großen Währungen nach der Wahl in Amerika gestiegen ist. Teilweise reflektiert das die Affinität von Englands Nach-Brexit-Regierung zur entstehenden Trump-Regierung, teilweise auch die Ansicht, dass das britische Pfund nun geringeren Risiken als der Euro ausgesetzt ist. Von einer Ausweitung der amerikanischen Verteidigungsausgaben würde die britische Rüstungsindustrie ebenfalls profitieren. Und in nachträglicher Weisheit distanziert sich das Vereinigte Königreich von dem Chaos, als welches die Europäische Union jetzt wahrgenommen wird.

Das Vereinigte Königreich handelt gerade neue wirtschaftliche und monetäre Abkommen mit China und Indien aus. Das Timing von Indiens dramatischer Währungsreform (der Einzug hoher Banknoten, welche die Untergrundwirtschaft ermöglichen) ist hier bemerkenswert; anscheinend will Indien sein Finanzsystem säubern, so dass es eine größere Rolle in einer verwandelten Weltwirtschaft suchen kann.