Spengler auf Deutsch 79: Es wird Zeit, dass die Vereinigten Staaten der Türkei zuhören

Das Original erschien am 2. Dezember 2016 unter dem Titel “It’s time the US started listening to Turkey” in Asia Times.

Wie die Financial Times am Donnerstag berichtete, verhandelt Russland mit türkischer Hilfe direkt mit syrischen Rebellen. Die Financial Times schreibt, dass ein Vertreter der Opposition auf die Frage, warum er denke, dass Russland ein Abkommen mit den Rebellen anstrebe, gerade als Assad zu gewinnen scheine, sagte, Moskau habe “im Kern gesagt: ‘Leckt mich am Arsch, Amerikaner.‘“

Die Türkei sagt Washington tatsächlich dasselbe. Die in London beheimatete Zeitung erklärt:

Vier Mitglieder der Opposition aus dem von Rebellen gehaltenen Nordsyrien erklärten der Financial Times, dass die Türkei Gespräche in Ankara mit Moskau vermittelt hat, dessen militärische Intervention auf der Seite von Präsident Bashar al-Assad geholfen hat, eine Wende in dem seit fünf Jahren andauernden Bürgerkrieg zu Gunsten des Regimes einzuleiten. Russland unterstützt nun die Anstrengungen des Regimes, den letzten Stützpunkt der Rebellen in Syriens zweitgrößter Stadt Aleppo zurückzuerobern.

“Die Russen und Türken verhandeln jetzt ohne die USA. (Washington) ist aus diesen Gesprächen völlig ausgeschlossen und weiß nicht einmal was in Ankara vorgeht“, sagte ein Mitglied der Opposition, das nicht identifiziert werden wollte.

Das rückt den Lärm über General Michael Flynns Empfehlung in seinen Kontext, dass die Vereinigten Staaten dem türkischen Standpunkt mehr Beachtung schenken sollten, insbesondere in Bezug auf eine einheimische islamistische Bewegung mit terroristischen Tendenzen. Flynn, der designierte nationale Sicherheitsberater der Trump-Regierung, war früher Leiter der „Defense Intelligence Agency“ und der erste höhere Geheimdienstoffizier, der vor dem Aufkommen des ISIS warnte, in einer Zeit, in der Präsident Obama die islamistische Bewegung als „jugendliche Fußballmannschaft“ abtat.

Insbesondere zitierte der General das Erstaunen der türkischen Regierung über Amerikas Weigerung, den exilierten islamistischen Führer Fetullah Gülen auszuliefern, der einer türkischen Anklage wegen Subversion entflohen war und seit 1999 in Pennsylvania lebt. Am 15. Juli dieses Jahres versuchte eine Gruppe von türkischen Offizieren, die Gülen anscheinend loyal waren, die Regierung von Präsident Tayyip Recep Erdogan zu stürzen. Schon 2008 hatte Michael Rubin, heute ein Nahost-Experte am „American Enterprise Institute“, davor gewarnt, dass Gülen seine Millionen von Anhängern und Milliarden von Dollar an Vermögenswerten nützen werde, um einen islamistischen Staatsstreich zu lancieren. Das ist, was Gülen offensichtlich im letzten Juli getan hat, und Flynn argumentierte, das die Vereinigten Staaten den türkischen Regierungschef gegen die Verschwörer unterstützen sollten.

Dieser scheinbar unkontroverse Vorschlag löste einen Sturm im Wasserglas aus. Erstaunlicherweise zeigte sich Michael Rubin als einer der eifrigsten Unterstützer des fundamentalistischen Führers gegen die Erdogan-Regierung, zusammen mit Noah Rothman vom „Commentary Magazine“. Beide attackierten Flynn, für seine Unterstützung der Erdogan-Regierung gegen den gülenistischen Putsch. Rothman fügte hinzu, Flynn sei eine „zweifelhafte Wahl“ für einen nationalen Sicherheitsberater, weil ein türkisches Unternehmen Kunde seiner Beratungsgesellschaft war und andeutete, dass Flynns Sicht der Türken einen Interessenkonflikt heraufbeschwöre.

Das “Commentary Magazine”, früher eine konservative Stimme in der öffentlichen Diskussion, unterstützte Clintons Kandidatur gegen Donald Trump, und die Behauptung, dass Flynns Ansichten von einem einzigen Kunden beeinflusst wären, kann als normale politische Verleumdung vernachlässigt werden.

Aber es gibt eine dunkle Seite in dieser Geschichte. Gülen hat prominente amerikanische Unterstützer in der Politik wie auch in den Geheimdiensten. Einige von ihnen scheinen mit den üblichen Mitteln gewonnen worden zu sein. Gülens Anhänger haben enge Beziehungen zur Clinton-Stiftung hergestellt. Gülens Agent Recep Özkan, der frühere Leiter des türkischen Kulturzentrums in New York City, ist für 2015 aktenkundig als ein Spender der Clinton-Stiftung von 500.000 bis eine Million Dollar. Özkan war finanzieller Ko-Vorsitzender von “Ready For Hillary” (bereit für Hillary), die später “ReadyPac“ wurde, ein mit Clinton verbündetes politischen Aktionskomitee. Wie Flynn in einem am 8. November erschienenen Artikel beobachtet hat, nannte Bill Clinton in einem Video, das in der Gülen-Organisation zirkulierte, den türkischen fundamentalistischen Führer „meinen Freund“.

Interessanter ist die Gülen-Lobby in den amerikanischen Geheimdiensten. Unter früheren Geheimdienstoffizieren ist der ehemalige CIA-Sektionsleiter in Afghanistan Graham Fuller Gülens enthusiastischster Verteidiger. Fuller behauptet, dass der türkische Führer genau die Art von moderatem Islamist ist, welche die Vereinigten Staaten kultivieren sollten. Fuller war der CIA-Chef für den Nahen Osten und Südasien von 1982 bis 1986, als der CIA afghanische Islamisten gegen die sowjetischen Okkupanten von Afghanistan bewaffnete. 1986 wurde er stellvertretender Vorsitzender des CIA im „National Intelligence Council“.

Radikale Muslime zu nutzen, um Russland zu destabilisieren ist die fixe Idee von Fullers Karriere. Als die afghanischen Dschihadisten in den 1980ern russische Helikopter mit verdeckter Hilfe des CIA abschossen, war die Taktik gegen die Sowjetunion erfolgreich, obwohl sie den unwillkommenen Nebeneffekt hatte, islamische Terroristen wie Osama bin Laden zu trainieren, die später die Vereinigten Staaten angriffen. Ich bekenne: als ein Kalter Krieger der 1980iger denke ich, dass Fuller und seine Kollegen in dieser Zeit das Richtige taten.

Aber Fuller bleibt bei seiner Mission, Russland zu unterminieren. Es ist tatsächlich eine Familienaffäre geworden: Nach den Attentaten von Boston enthüllte der Investigativreporter Daniel Hopsicker, dass Fullers Tochter, Samantha Ankara Fuller, sich in den 1990ern mit Ruslan Tsarni (geborener Tsarnaev) verheiratet hatte, dem Onkel der Brüder, welche die Attacke ausführten, Dzhokhar and Tamerlan Tsarnaev.

Offensichtlich unterstützt Fuller Fetullah Gülen, weil der türkische Iman eine Gefahr für Russland ist. Erdogan ist ebenfalls ein Islamist, aber von ganz anderer Art: der türkische Präsident strebt nach der Wiederherstellung des Ruhmes (und vielleicht von einem Teil des Territoriums) des ottomanischen Reichs, während Gülen eine Missionar ist, dessen Ziel es ist, alle Muslime der Welt, insbesondere Angehörige des türkischen Volkes, in einer großen übernationalen Bewegung zu vereinen. Während Erdogan den türkischen Staat vergrößern will, hofft Gülen jede Autorität außer der des Islam unter den hundert Millionen Muslimen, die ethnische Türken sind, zu unterminieren. Es ist eine Sache die sowjetische Aggression in Afghanistan zu unterminieren und eine andere zur inneren Instabilität Russlands lange nach dem Fall der Sowjetunion beizutragen. Amerika hat Grund zu dem Wunsch, die russischen Ambitionen in einer Anzahl von Gebieten einzudämmen, aber diese Art von Spiel beschwört das Risiko einer sehr gefährlichen Konfrontation herauf.

Russland hasst und fürchtet Gülen. Seine Organisation baute Schulen in ethnisch türkischen Gebieten als Teil eines Langzeitprogramms, um eine islamistische Elite-Kaste hervorzubringen. Russland begrüßte die Schulen anfangs, aber wies die Gülenisten Ende der 1990er aus. Die früheren Sowjetstaaten Usbekistan, Turkmenistan und Tadschikistan taten das Gleiche in den 2000ern. Der türkische stellvertretende Premierminister Numan Kurtulmus rühmte Russlands Vorgehen in einem Interview vom 14. November mit der russischen Website Sputnik. Kurtulmus sagte: “Russland ist in einer besseren Position, da es fähig war, die Gefahr dieser Organisation von Anfang an zu erkennen und ihre Aktivitäten auf russischem Territorium zu verhindern. Wir streben an, unsere Kooperation mit der russischen Seite im Kampf gegen die (Gülen-Organisation) künftig zu verbessern“.

Die Türkei denkt, dass die Vereinigten Staaten hinter dem versuchten Staatsstreich vom 15. Juli gestanden hat, wie die New York Times am 2. August berichtet hat. Warum sonst, fragen die Türken, würde die USA den wichtigsten Drahtzieher weiterhin schützen? Es ist nicht klar, was die Obama-Regierung getan hat. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass das Weiße Haus den Coup wirklich gefördert hat. Unter Susan Rice ist der Nationale Sicherheitsrat eine Art Selbstbedienungsladen geworden. Es ist wahrscheinlicher, dass die Gülenisten selbständig agierten und dass einige Stimmen in den amerikanischen Geheimdiensten nach der Tat ihre Sympathie für sie ausdrückten.

Man kann das besser mit Inkompetenz als mit Konspiration erklären. Aber der Vorschlag, Amerika solle Gülen den Rücken stärken, hat Ankara wie Moskau überzeugt, dass die USA ein gefährliches Spiel der Destabilisierung spielte (oder es zumindest erwog). Das Ausmaß an Schmähungen gegen Flynn nach seinen Enthüllungen über Gülen legt nahe, dass ein Teil der Regierung und der Geheimdienste nach dem 16 Juli mit heruntergelassenen Hosen dastand und dann den leichtgläubigen Rothman vom „Commentary Magazine“ nutze, um Flynn zu attackieren.

Das Endresultat des Fehlers der Obama-Regierung könnte der Austritt der Türkei aus der westlichen Allianz sein. Ankara droht nun, ein Vollmitglied der „Shanghai Cooperation Organization” zu werden, der russisch-chinesischen Dachorganisation, die ein Gegengewicht gegen die NATO werden könnte. Im letzten Monat äußerte China seine Sympathie für die türkische Orientierung nach Osten aus. Mittlerweile verhandelt die Türkei über den Ankauf von Russlands fortgeschrittenem S-400 Flugabwehr-System, ein Schlag ins Gesicht der NATO.

Das ist der Grund, warum die von der Türkei unterstützten direkten Verhandlungen zwischen Russland und den syrischen Rebellen solch eine bedenkliche Entwicklung ist. Sie zeigen wieviel Einfluss die USA in dieser Region eingebüßt haben. Flynn hat vorgeschlagen, den Schaden zu beheben und den amerikanischen Einfluss wiederherzustellen. Der Fakt, dass seine Vorschläge umstritten sind, zeigt wieviel Arbeit nötig ist, um die amerikanischen Geheimdienste und Amerikas Diplomatie wiederherzustellen.

Spengler auf Deutsch 69: Die Schlafwandler und Herr Trump

Das Original erschien am 5. November 2016 unter dem Titel “The sleepwalkers and Mr. Trump” in Asia Times.

Im Gegensatz zur herrschenden Meinung sollte die Welt auf einen Wahlsieg von Donald Trump am nächsten Dienstag hoffen. Die amerikanische Politik ist ein stinkender Morast, in dem Ideologie und Interessenspolitik ihre Führer von der realen Welt isoliert haben. Es ist nicht einfach so, dass Amerikas Politiker keine Fühlung mehr haben, sondern dass sie in ständigem Kontakt mit einem fiktiven konstruierten Weltbild sind, das die Möglichkeit für politische Kurskorrekturen ausschließt.

Amerikas politische Elite besteht aus Schlafwandlern, in der Art, in welcher der Historiker Christopher Clark die europäischen Politiker im August 1914 am Vorabend des Ersten Weltkriegs beschreibt. Fünf Jahre und 500.000 Tote nach dem desaströsen „Arabischen Frühling“ und dem Staatstreich in Libyen von 2011 hat die amerikanische Elite immer noch nicht verstanden, dass das heutige Chaos im Nahen Osten durch amerikanische Einmischung entstanden ist. Präsident Obama, Außenministerin Clinton und der McCain-Mainstream der Republikanischen Partei glauben leidenschaftlich, dass die arabische Welt mit ihrer tyrannischen Vergangenheit gebrochen hat und auf dem Weg zur Demokratie ist. Aber indem sie die alten Diktaturen zerstörten, öffneten die Vereinigten Staaten das Feld für ethnische und sektiererische Kriege. In Syrien herrscht Bürgerkrieg, der Irak steht kurz davor und selbst die Türkei ist gefährdet.

Überprüfen wir die Kritik an Herrn Trump durch General Michael Hayden, Direktor des CIA von 2006-2009. General Hayden nennt Trump in einem Artikel in der Washington Post dieser Woche „Putins nützlichen Idioten“; er schreibt „Trump gleicht Putin auch, wenn es um Syrien und den Islamischen Staat oder ISIS geht. Er folgt hier Moskaus Linie, dass wir und die Russen ein gemeinsames Interesse haben und das Russland und Syriens Diktator Bashar al-Assad (und der Iran) den “ISIS killen.”

“Tatsächlich aber ist es nicht so,” fährt General Hayden fort. “Sie (die Russen) unterstützen das Assad-Regime, das, sollte jemand mitgezählt haben, mehr Unschuldige umgebracht hat als der Islamische Staat und Jabhat al-Nusra, der Partner von Al-Kaida, zusammen. Und die Attraktivität des Islamischen Staates und Al- Kaida für sunnitische Muslime ist ein direktes Beiprodukt der Verwüstungen des Assad-Regimes – das Regime, welches Russland vor einem Jahr vor dem Kollaps bewahrt hat“.

Das sind alles Wahnideen. Der Grund, warum sunnitische Araber den Islamischen Staat unterstützen, besteht darin, dass die Vereinigten Staaten den einzigen sunnitischen arabischen Staat in der Levante und Mesopotamien, nämlich den Irak, zerstört und dort einen schiitischen Staat (unter Nouri Maliki) im Jahre 2007 etabliert haben. Die Sunniten revoltierten und die amerikanische Besatzungsmacht unter General Petraeus bezahlte ihnen Hunderte von Millionen Dollar, um Zeit zu kaufen. Nach Jahren, in denen die sunnitische Opposition die Form eines nichtstaatlichen Akteurs gehabt hatte, nämlich als Al-Kaida, erklärte ISIS, dass es an der Zeit sei, einen sunnitischen Staat zu bilden, und machte sich selbst so zu einem Magneten sunnitische Unterstützung.

Die schiitischen Milizen, geführt von iranischen Offizieren, welche die Vereinigten Staaten gegen ISIS unterstützen, sind fast so brutal wie ISIS selbst. So werden konfessionelle Kriege in diesem Teil der Welt eben geführt. Die „moderaten sunnitischen Islamisten“, die General Hayden und seine Nachfolger beim CIA mit Waffen aus den libyschen Depots versorgten, waren immer von Al-Kaida, aber mit einer anderen Visitenkarte.

Wie ich schon am 9. Aug. bemerkte: General Hayden glaubt immer noch, dass die Vereinigten Staaten Islamisten wie die Muslimbruderschaft ermutigen sollten, die Macht im Nahen Osten auszuüben. Er sagte mir letztes Jahr, dass er enttäuscht gewesen sei, dass das ägyptische Militär die Regierung der Muslimbruderschaft von Mohamed Morsi gestürzt habe, bevor sie die Möglichkeit hatte, sich um die Müllabfuhr und andere öffentliche Dienstleistungen zu kümmern und sich selbst zu einer gemäßigten politischen Kraft zu entwickeln. Indem sie „moderate“ Dschihadisten bewaffneten, pumpten General Hayden und seine Kollegen vom CIA Benzin in die sektiererischen Feuer der Region. Generalmajor Daniel P. Bolger hat dieses Desaster bereits 2014 in seinen exzellenten Kriegsmemoiren „Why We Lost“ beschrieben.

Es war für jeden mit Augen im Kopf offensichtlich, dass die sunnitischen Aufständigen sich auf den Ruf eines islamischen Staates zusammenschliessen würden. General Michael Flynn, ein Berufsoffizier und lebenslanger Demokrat, der die „Defense Intelligence Agency“ 2011 und 2012 leitete, hat versucht, die Obamaregierung zu warnen, dass ISIS eine ernsthafte Bedrohung geworden ist. Seine Berichte wurden ignoriert. Wie Flynn später berichtet hat: „Ich denke, sie entsprachen nicht dem Narrativ, welches das Weiße Haus wollte“.

General Flynn ist jetzt Donald Trumps nationaler Sicherheitsberater, und seine Ansichten hat er in einem 2016 erschienenen Buch öffentlich gemacht, das er zusammen mit Michael Ledeen verfasst hat.

Flynn zeigt keine Sympathie für Russland. Ganz im Gegenteil betont er Russlands Unterstützung für den Iran als Beweis für seine ideologische Affinität zu der Islamischen Republik: „Es ist das alte Rezept: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Putin hat die Vereinigten Staaten (und die NATO generell) zu einer Bedrohung der nationalen Sicherheit Russlands erklärt, und ‚Tod den Amerikanern‘ ist der offizielle Gesang der islamischen Republik Iran. Sowohl die Putinisten als auch die radikalen iranischen Muslime stimmen in der Identität ihres Hauptfeindes überein. Ein Teil der Antwort besteht sicher darin, dass ihre Allianz einfach die logische Folge ihrer Feindseligkeit gegen Amerika ist … Die Russen und Iraner haben mehr gemeinsam als einen gemeinsamen Feind. Sie teilen auch die Verachtung für Demokratie und stimmen überein – das gilt für alle Mitglieder der feindlichen Allianz – dass eine Diktatur, ein Imperium, ein Kalifat eine überlegene Methode sind, ein Land zu regieren.

Das scheint mir zu einfach. Russland (wie China) hat keine schiitische muslimische Bevölkerung, seine Besorgnis über heimische Stabilität betrifft ausschließlich Sunniten. Die Schiiten sind ein natürlicher Verbündeter, trotz des Fakts (wie Flynn und Ledeen bemerken), dass der Iran versucht hat, zu den russischen und zentralasiatischen Muslimen vorzudringen. Aber diese Versuche waren schwach und ohne Folgen. Seien wir fair zu Putin. Amerikas grobe Fehler im Nahen Osten ließen den sunnitischen Djschin aus der Flasche, die Saddam Hussein lang verschlossen gehalten hatte, und das ist eine Bedrohung russischer Interessen. Es waren amerikanische Irrtümer, die Russland zwangen, eine führende Rolle in der Region zu übernehmen, ob Putin nun die Vereinigten Staaten unterminieren wollte oder nicht. So hat Putin seine Haltung auswärtigen Politikern erklärt, mit denen ich gesprochen habe. Russland hat nicht vergessen, wie effektiv Amerikas Unterstützung für Dschihadisten im Afghanischen Krieg von 1980 war. Wenn Washington Russland zu destabilisieren wünscht, wären sunnitische Militante ein effektives Mittel der Subversion. So etwas zu tun wäre meines Erachtens dumm und gefährlich, aber Moskau kann nicht ausschließen, dass die Vereinigten Staaten in Zukunft so handeln könnte (Ich glaube nicht, dass die Obamaregierung so etwas vor hat).

Putin glaubt auch, dass Washington den Maidan-Staatsstreich in der Ukraine von 2014 in der Absicht unterstützt hat, um durch ihn zu einem Regierungswechsel in Russland beizutragen. Ich weiß nicht, ob diese Einschätzung korrekt ist, aber einige Leute in Washington hatten diese Idee.

Moskau hat auch ohne Putins ideologische Vorlieben eine Anzahl von praktischen Gründen, den Vereinigten Staaten das Leben schwer zu machen. Leider hat es auch die Mittel, das zu tun. Während die Vereinigten Staaten vielleicht 5 Billionen Dollar im Irak, Afghanistan und ähnlichen Abenteuern ausgaben, investierte Moskau eine erheblich geringere Summe in Flugabwehr-Systeme, die in der Lage sein könnten, amerikanische Jagdflugzeuge der fünften Generation abzuschießen. Washington weiß nicht, wie gut die russischen S-300 und S-400 Boden-Luft-Raketen sind, und will es nicht herausfinden.

Ihre Inkompetenz ist so allumfassend, dass es schwierig ist, einen höheren Beamten der George W. Bush oder Obama-Regierung zu finden, der nicht von ihr angesteckt wäre. General Flynn, der gefeuert wurde, weil der das offizielle Märchen in Zweifel zog, ist eine Ausnahme. Amerikas außenpolitische Elite lehnt es größtenteils ab, die Verantwortung für ihre Fehlschläge zu übernehmen. Ihre Reputation würde durch Frau Clinton gesichert werden, die bei alledem eine von ihnen ist. Der Kreis des Selbstschutzes ist so eng gefügt, dass nichts außer einem Außenseiter, der durch die Demütigung der alten Garde nichts zu verlieren hat, ein Mindestmaß an Kompetenz in Amerikas Politik wiederherstellen kann.